Sonntag, 20. März 2011

Mit XL-It-Bag abends ins Theater?


Mir fällt auf, dass viele Frauen am Abend im Theater oder Konzertsaal grosse Taschen tragen. Ich war immer der Meinung, dass die Tasche, je später es ist, desto kleiner sein sollte. Bin ich, 64, altmodisch? Annemie M., Cham

Sie sind nicht altmodisch, sondern gut informiert. Ihr Vorsprung in Stilfragen verschafft Ihnen aber leider auch Anblicke, bei denen andere indifferent bleiben. Erwähnte Taschen gehören dazu. Ihre Faustregel ist völlig korrekt, doch investieren viele Damen heute Unsummen in modische Grossbehältnisse, die sie dann ins Theater schleppen. Ich kenne Damen, deren Wirbelsäule schon völlig krumm ist von den XL-It-Bags, die mit einem halben Hausrat vollgestopft sind. Da können Frauen mit kleinen, eleganten Clutches (Abendtaschen) nur mitleidig lächeln.

Kommentar von Leserin Roswitha G. vom 20.3.2011:

Natürlich hätte auch ich (62) einiges zu kritisieren an der Kleidergarderobe unserer Theater-, Konzert- und Opernbesucher. Doch ich bin schon froh, wenn die Leute nicht in schlecht sitzenden Jeans und T-Shirt aufkreuzen. Doch gehöre ich auch zu den Frauen, die sich erlauben, mit grosser Tasche ins Theater, ins Konzert und in die Oper zu gehen. Natürlich weiss ich, dass es feiner wäre, wenn ich eine kleine Tasche trüge. Das verträgt sich aber nicht mit meiner Situation als berufstätige Frau: Ich gehe oft vom Büro direkt ins Theater, in die Tonhalle, ins KKL oder in die Oper und da bin ich zwar korrekt gekleidet, aber – ich gebe es zu – ich trage eine grosse (schöne!) Handtasche bei mir. An Wochenenden steige ich eine Klasse höher hinauf. Ich habe mir was ich meine «Operntasche» nenne gekauft, sehr elegant, aber wohl immer noch eine Spur zu gross für Ihre Leserin. Wieso? Weil ich keinen Begleiter habe, der mich hinterher zum Essen einlädt, also muss ich mein Portemonnaie selber mittragen mit Kleingeld (für das Parkhaus falls ich mit dem Auto unterwegs bin oder für Trinkgelder), allenfalls eine Kreditkarte oder meinen Ausweis für die Strassenbahn, dann Taschentücher, (welche zum Nasenputzen aus Papier und Spitzentaschentücher zum Weinen, man will ja mit Noblesse untergehen) aber am Allerwichtigsten: mein Leica-Feldstecher. Der ist etwas grösser als ein Operngucker aber ich SEHE etwas damit. Manchmal kommt noch die Sonnenbrille dazu (ab sofort scheint die Sonne noch wenn ich in die Oper fahre wie heute). Manchmal habe ich Lesestoff dabei. Von Lippenstift und Kamm gar nicht zu sprechen. Das alles hat keinen Platz in einer kleinen Abendtasche – die ich durchaus in vielen verschiedenen Farben besässe, die sich aber alle als untauglich erweisen und daher ein tristes Dasein führen. Deshalb: Eine schöne, elegante Tasche hat seine Berechtigung auch im Kulturleben. Die sportlichen Taschen allerdings, die ziemen sich nicht.

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