Sonntag, 27. Februar 2011

Wie rettet man einen Hipster?


Ein Freund von mir ist vor etwa sechs Monaten nach Berlin gezogen. Als ich ihn nun dort besuchte, packte mich das schiere Grauen: Obwohl er nicht kurzsichtig ist, trug er eine riesige Streber-Brille, die Frisur war von Tonnen einer schmierigen Substanz verklebt, das T-Shirt zeigte das Logo einer verstaubten Rockband, und zur Krönung schwenkte mein Bekannter in der Hand eine Jutetasche vom Grünen Punkt. Es stellte sich jedoch heraus, dass er auf diese Weise seiner Urbanität Ausdruck verleihen will und einem gewissen Herrn Hipster folgt. Wie befreie ich ihn nun wieder aus des Hipsters Klauen? Jelena V., per E-Mail

Darf ich raten: Hatte er nicht auch mindestens einen Achttagebart im Gesicht, und sicherlich trug er hautenge Stretch-Jeans? Fährt er zufällig ein minimalistisches Fixie-Bike oder wenigstens einen Saab 900? Und in seiner Wohnung stapeln sich obskure Zeitschriften aus dem Sortiment von «do you read me?!», richtig? Ihr Bekannter ist jetzt ein Berlin-Mitte-Mainstream-Mensch geworden und dem Irrglauben verfallen, er sei eine Art ästhetische Avantgarde oder eben Hipster. Es gibt diese leicht versiffte Form von Zeitgeist-Surfern inzwischen auch schon in Kleinstädten, und so hip, wie Ihr Freund sich da wähnt, ist das Ganze schon lange nicht mehr. Die Mode wendet sich von diesem Lebensmodell bereits wieder ab und propagiert eine neue Klarheit und Ordnung. Sie dürfen also darauf hoffen, dass die Zeit zu Ihren Gunsten spielt. Denn anpassungsfähig scheint Ihr Bekannter ja zu sein.

2 Kommentare:

Edward B. Gordon hat gesagt…

ganz wunderbar, da ist ja dann doch noch Hoffnung !

Gelebt, gesehen, gedacht, gebloggt hat gesagt…

eigentlich kann ich da ja nur zustimmen :D aber das Shirt auf der Zeichnung ist ne Unverschämtheit, denn erstensmal bin ich mir absolut sicher, das Supertramp für Hipster nicht hip genug ist und zweites mal sind sie tatsächlich gut (oder warens eben mal :D )